Roadtrip: Der Thale Noi Loop (3)

Songkhla, Perle des Südens


Damit hab ich garnicht gerechnet, das kleine Provinzstädtchen Songkhla entpuppt sich unverhofft als sehr charmanter Ort. Hier lässt es sich gut ein paar Tage aushalten, mit gutem Essen, einer Meerjungfrau, einem wunderschönen Museum, und tolldreisten Vierbeinern.

Strecke machen

Die Strecke von Phatthalung ins südlich gelegene Songkhla führt uns die meiste Zeit am Wasser des riesigen Binnensees Thale Luang entlang, es ist garnicht so einfach die große Hauptstraßen zu umgehen, manchmal führt es uns auch einfach in die Irre, aber wenn wir eine kleine Nebenstraße fahren können, werden wir durch die wunderschöne Szenerie belohnt. Schilfbestandenes Seeufer, winzige Dörfer mit oft muslimischer Bevökerung, winkende Kinder, aber es zieht sich… Songkhla empfängt uns nach, am Ende recht anstrengenden, 140 Kilometern. Es nieselt leicht, der Himmel ist voll mit tiefen, schweren Wolken, es liegt eine melancholische Stimmung über der kleinen, entspannten Schwesterstadt der benachbarten Großstadt Hat Yai. Die Lage, auf einer Landzunge zwischen dem Thale Sap See und dem Meer macht Songkhla zu einem besonderen Ort, recht wohlhabend durch die Zuliefererindustrie, die die vor der Küste liegenden Bohrinseln mit Baumaterial versorgt, aber auch geprägt durch die seit Ewigkeiten bestehenden chinesischen Gemeinden mit ihrer ganz eigenen Kultur.

Hotelsuche mit Hindernissen

Dem Reisegefährten und mir tut ordentlich der Rücken weh, es knackt und knirscht, da kann nur eine ordentliche Thai-Massage Abhilfe schaffen, der erste Salon, den wir zu Gesicht bekommen, muss es sein. Wir sind uns nicht ganz sicher, mit welcher Art von Etablissement wir es hier zu tun haben, die derben Späße der rustikalen Damen, inklusive schepperndem Gelächter, lassen Böses ahnen… aber die Massage ist einwandfrei. Tiefenentspannt verlassen wir den schrägen Laden und machen uns auf die Suche nach einer Unterkunft. Warum genau es uns ins Narai Hotel verschlagen hat, kann ich im nachhinein auch nicht mehr sagen, was ich aber sagen kann, dass es ein recht eigentümliches Quartier ist. Ein altes, klassisches Thai-Holzhaus, das sicher einmal sehr hübsch war, bevor es hineinregnete. Um es kurz zu machen, das sogenannte Hotel hat seine besten Zeiten sehr lange hinter sich (man hätte hier ohne Probleme ein Sequel von Shining drehen können…). Eine weitere Zutat zur ziemlich bizarren Atmosphäre ist die Besitzerin, auch sie hat ebenfalls schon bessere Zeiten gesehen, bevor sie sich wie eine fette, angemalte Motte, umgeben von Bergen an billigem Modeschmuck und Make-up Schachteln in ihrem 5 qm Büro verschanzt hat. Aber ich bin einfach zu müde um weiterzusuchen.
Was wir erst am zweiten Tag realisieren, das Hotel besteht aus einem neuen und einem alten Teil, zwei Häuser direkt nebeneinander. Also ziehen wir um, und haben plötzlich ein klimatisiertes, modernes, sauberes! Zimmer mit Ausblick, warum denn nicht gleich so.

Die kleine Meerjungfrau

Am nächsten Morgen machen wir uns auf, die an sehenswürdigen Orten reiche Provinzstadt zu erkunden. Da wäre fürs Erste natürlich der etwa 9km lange, breite Strand, der quasi mitten in der Stadt liegt. Absolutes Highlight für die vielen, vielen thailändischen Besucher ist mit weitem Abstand eine kleine Meerjungfrau. Richtig gelesen, genau wie in Kopenhagen trohnt auf einem Felsen die Skulptur einer kleinen Frau mit Fischschwanz, und alle freuen sich wie Bolle sich mit ihr fotografieren zu lassen, was ein Spektakel. Wir fahren die ganze Bucht ab, an ihrem östlichen Ende, oben auf einem Hügel befindet sich ein kleines Kloster, von dem aus wir einen fantastischen Blick über den ganzen grandiosen Strand haben, ein perfekter Platz um ein wenig Pause zu machen und die letzten Tage unserer Reise Revue passieren zu lassen.
Am Himmel ziehen wieder dunkle Wolken auf und ausserdem plagt uns ein nagendes Hungergefühl, dem kann abgeholfen werden. In Songkhlas kleinem Chinatown in der Altstadt finden wir ein, im guten Sinne, oldfashioned Restaurant, die Gerichte auf der Speisekarte anbieten, von denen wir noch nie etwas gehört haben. Kennt ihr sauer eingelegte Minimangos? Die wirklich entzückende Dame am Nachbartisch bemerkt unser Erstaunen und bietet uns gleich ihren Teller zum probieren an. Köstlich! Der Nachmittag sollte eigentlich der Kunst vorbehalten sein, Songkhlas Museum lockt uns, aber, wer hätte das gedacht, Montags sind auch hier die Museen geschlossen.

Eine melancholische Begegnung

Mittlerweile schüttet es, der Himmel ist tiefschwarz, und wir müssen uns dringend unterstellen. Mit Blick auf das wunderschöne, sehr feudale Museumsgebäude warten wir in einer Seitenstrasse auf das Ende des Unwetters, als aus der Tür einer Pension plötzlich ein Mann tritt, wobei ich fairerweise sagen muss, ich bin mir nicht sicher ob ihm/oder eher ihr diese Bezeichnung recht wäre. Unser Besuch ist angezogen wie eine weibliche, mythologische Gestalt, in einem klassischen Thaidress, aber mit etwas zuviel von allem, zuviel Farbe, zuviel Schminke und jeder Menge Drama, in Begleitung eines Feuervogels aus Pappmache. Es ist nicht so einfach zu kommunizieren, aber alle Beteiligten geben sich redlich Mühe. Die Situation ist lustig und gleichzeitig ein wenig tragisch als klar wird, dass der junge Mann sein Geld damit verdient in Restaurants aufzutreten und zu betteln. Das ist bestimmt kein einfaches Leben, und auch wenn Transgender Themen in Thailand relativ offen behandelt werden, im Vergleich zu vielen anderen Ländern auf der Welt, so bedeutet es noch lange nicht, dass die Gesellschaft jeden so akzptiert, wie er ist. Der Reisegefährte und ich verabschieden uns, nicht ohne, wie dringend gewünscht, einige Fotos zu machen.

Brot und Spiele

Es gibt ein paar Dinge am Langzeitreisen, die mich auf Dauer ganz schön stressen, jeden Abend ein Restaurant auszusuchen z.B.. Das sind echte Luxussorgen, aber manchmal würde ich mir wünschen einfach auf dem Sofa zu sitzen und ein Käsebrot zu essen, keine Überraschungen, nur einfach essen und entspannen. Aber nix da, raus aufs Moped.

Songkhla ist berühmt für seine Seafoodrestaurants, kein Wunder bei der Lage, aber welches der ungefähr 10 nebeneinander an der Strandpromenade liegenden Restaurants ist nun der Ort der Wahl?

Das ist hier ausnahmsweise ganz einfach. Neun Restaurants sind fast komplett leer, und auch, wenn es mir für die anderen Restaurantbesitzer irgendwie leid tut, natürlich besuchen wir Nummer 10. Der Laden quillt aus allen Nähten, lärmende Großfamilien mit Kind und Kegel, dazwischen Straßenhunde und nach Fischgräten gierende Katzen. Der Geräuschpegel ist gigantisch, und auch wir haben Spaß, das Essen ist gut, aber das eigentliche Vergnügen besteht darin, dem endlosen Trubel zuzuschauen.

Ein unerwartetes Juwel

Hab ich schon erwähnt, dass ich ein großer Freund von Museen bin? Zweiter Anlauf für das Historische Museum von Songkhla, und ich bin absolut begeistert. Das wunderschön, behutsam renovierte, Herrenhaus im chinesischen Stil, über 100 Jahre alt, beherbergt unzählige Kleinodien aus der jüngeren und weit zurück liegenden Vergangenheit der Gegend, überall finden sich gut verständliche englische Beschriftungen. Wer hat hier geherrscht, wie haben die Leute gelebt, was habe sie gegessen und womit haben sie ihren Lebensunterhalt verdient? Alles erklärt auf eine unterhaltsame, plastische Art und Weise und demonstriert an hochgradig ästhetischen Exponaten.
Es regnet schon wieder, aber hier macht mir das garnichts aus, ich setze mich auf den rot lackierten Boden im ersten Stock, schaue in den grauen Himmel und versuche mir vorzustellen, wie das so war, das Leben, vor 100 Jahren in Songkhla.

Ein Drahtseilakt

Letzter Programmpunkt vor der Weiterreise, eine Fahrt mit der Standseilbahn auf den Monkey Hill. Ok. kann man machen, der Ausblick über die ganze Stadt und die Bucht ist wirklich schön, der Tempel mit eigenem Chedi ist auch ganz hübsch, aber die eigentliche Attraktion findet unten am Fuß des Berges statt. Monkey Hill heisst nicht umsonst Monkey Hill. Die kleinen pelzigen Kollegen sind das eigentliche Highlight. Praktischerweise führen, parallel zur Strasse jede Menge Kabel entlang, diese Konstruktion erlaubt akrobatische Einlagen jeder Art, alles zu einem einzigen Zweck, irgendwas zu futtern zu ergattern. Die kleinen Fressbuden an der Straße sind alle vergittert, die Besitzer wissen schon warum. Die Jungs sind einfach kackedreist, nichts Essbares ist vor ihnen sicher. Wir setzen uns aufs Geländer und lassen uns einfach unterhalten

Nach drei spannenden, leckeren und unterhaltsamen Tagen geht unser Songkhla Aufenthalt dem Ende entgegen.
Mein Fazit: eine unerwartete Perle. Wenn man sich auf den langsamen Takt einer charmanten thailändischen Provinzstadt einlassen möchte, kann ich Songkhla nur empfehlen.

Service

  • Hotel in Songkhla: Narai Hotel, 14 Chai Khao Road, Tel. +66 (0)74-311078
  • Essen in Songkhla: Seafood Restaurant Sujinda, Ratchadamnoen Road
  • Songkhla National Museum, Rongmueang Road, geöffnet Mi-So 9-16 Uhr
  • Cable Car, Monkey Hill (Tang Kuan Hill)


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